Im Rahmen des 100-jährigen Stadtjubiläums hat sich Eveline Klein, Ortsvorsteherin von Minseln, die Amtskette des Oberbürgermeisters genauer angeschaut und dazu einen Blick ins Stadtarchiv geworfen. Die gewonnen Erkenntnisse hat sie in nachfolgendem Beitrag zusammengefasst.
Auch im Jubiläumsjahr der Stadt ist die Amtskette des Oberbürgermeisters schon zum Einsatz gekommen. Wer sich fragt, was es mit dem repräsentativen Stück auf sich hat, stößt in den Unterlagen des Stadtarchivs Rheinfelden (Baden) auf eine kuriose Geschichte. 1858 wurde aufgrund einer landesherrlichen Entschließung angeordnet, dass die Bürgermeister in Baden bei besonderen dienstlichen Anlässen eine Amtskette tragen sollen. Gewünscht war eine silberne Kette mit einer Medaille, die auf der einen Seite den Großherzog, auf der anderen das Wappen oder zumindest den Schriftzug der jeweiligen Gemeinde zeigen sollte.
In den 1920er Jahren war die Monarchie bereits abgeschafft, und das Bildnis des Großherzogs musste dem badischen Wappen weichen; die Umschrift lautete jetzt „Republik Baden“. Unter den Nationalsozialisten wurde dann in der Regel ein Anhänger mit einem Hakenkreuz in die Amtsketten eingefügt. Als das Landratsamt Säckingen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg verlangte, dass alle Amtsketten mit Hakenkreuzen abgeliefert werden mussten, war auch die Rheinfelder Amtskette dabei. Die Hakenkreuze wurden entfernt, und die Gemeinden erhielten ihre Ketten zurück. Nun konnten sie mit den üblichen Medaillen, also badisches Wappen und Umschrift „Republik Baden“, weiterverwendet werden.
Etwas mehr darf es schon sein …
Eine eindeutige Regel, bei welchen Anlässen die Amtskette getragen werden musste, gab es nicht. Der Rheinfelder Bürgermeister Herbert King trug sie um 1960 beispielsweise, wenn er als Standesbeamter Trauungen vornahm. Außerdem bei Grundsteinlegungen, Richtfesten und Eröffnungsfeierlichkeiten von städtischen Gebäuden und öffentlichen Einrichtungen sowie bei Begrüßungen von „höhergestellten Persönlichkeiten“ aus dem In- und Ausland. Außerhalb des eigenen Gemeindegebiets wurden die Amtsketten allgemein nur in besonderen Ausnahmefällen getragen, etwa wenn ein Minister den Landkreis besuchte.
Da die Kette in erster Linie der Repräsentation diente, kam Bürgermeister King 1963 auf den Gedanken, „die vorhandene ziemlich anspruchslose Amtskette“ durch ein neues, prächtigeres Stück zu ersetzen. Verschiedene Firmen wurden angeschrieben und um Entwürfe und Kostenvoranschläge gebeten.
Neu, aber nach alten Vorlagen
Den Zuschlag erhielt die Firma „Blachian-Antik-Schmuck“ in Neuötting in Bayern. Sie versprach eine „wirklich repräsentative Amtskette“ zu fertigen. Als Anhänger wurde von vorneherein das Stadtwappen vorgesehen. Für die Kettenglieder legte die Firma Muster nach antiken Museumsstücken vor. Bürgermeister King legte Wert darauf, dass das Staatswappen von Baden-Württemberg im Mittelstück der Kette vorhanden sein müsse. Ein außergewöhnlicher Wunsch, der erst noch vom Staatsministerium genehmigt werden musste. Als Vorlage für die Kettenglieder diente eine antike Buchschließe. Die komplette Kette wurde in Sterlingsilber gearbeitet. Eine farbige Gestaltung des Stadtwappens lehnte der Hersteller ab, da grundsätzlich keine Emaillierungen durchgeführt wurden. Die Amtskette mit passendem Etui kostete schließlich 630 Mark.
Eine Katastrophe
„Es ist etwas furchtbares passiert!“, so begann das Schreiben der Firma Blachian vom 23. April 1964. Die Rheinfelder Amtskette sei so schön geworden, dass die Firma sie auf Anfrage der Gemeinde Siegsdorf für einen Tag dorthin zur Ansicht geschickt hatte. Am folgenden Tag wurde sie von dort per Einschreiben zurück nach Neuötting geschickt – kam dort aber leider nicht an. Sie war auf dem Postweg verlorengegangen und war nicht mehr aufzufinden. Es blieb nichts anderes übrig, als die Kette nochmals anzufertigen. Doch die Zeit lief, denn anlässlich des Feuerwehrjubiläums am 15. Juni 1964 wollte Bürgermeister King das edle Stück erstmals tragen.
Aus eins mach zwei
Ende Mai 1964 war die neue Amtskette tatsächlich wohlbehalten und rechtzeitig in Rheinfelden (Baden) angekommen und wurde vom Gemeinderat mit Beifall zur Kenntnis genommen. Dann kam Ende 1966 eine Anfrage der „Gesellschaft für Goldschmiedekunst e.V.“, ob man bereit wäre, die Rheinfelder Amtskette für eine Ausstellung in Hanau zur Verfügung zu stellen. Bürgermeister King lehnte ab, da er just zu dieser Zeit die Amtskette für ein internationales Treffen in der Partnerstadt Fécamp brauchte. Umso erstaunter war er, als er nach einiger Zeit ein Dankschreiben für die Zurverfügungstellung seiner Amtskette erhielt. King klärte den Irrtum auf. Aber das Erstaunen war noch größer, als kurz darauf tatsächlich ein Päckchen mit der Rheinfelder Bürgermeisterkette im Rathaus eintraf.
Wie sich herausstellte, hatte die Firma Blachian das verlorengegangene Postpaket wieder auftreiben können und hatte die Kette für die Ausstellung zur Verfügung gestellt. Das Angebot, die zweite Kette zum selben Preis für den Bürgermeisterstellvertreter zu erwerben, lehnte die Stadtverwaltung allerdings ab. Eine Amtskette war genug. Das überflüssige Exemplar wurde zurück nach Neuötting geschickt, die andere Kette im Rathaus sicher verwahrt. Sie ist bis heute in Gebrauch und wird von Oberbürgermeister Eberhardt zu besonderen, repräsentativen Anlässen getragen.