„Die Gemeinde soll Kinder und muss Jugendliche bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen. Dafür sind von der Gemeinde geeignete Beteiligungsverfahren zu entwickeln. Insbesondere kann die Gemeinde einen Jugendgemeinderat oder eine andere Jugendvertretung einrichten. Die Mitglieder der Jugendvertretung sind ehrenamtlich tätig.“ (§41a, Abs.1, GemO BW)
Um auf diese Forderung adäquat zu reagieren entwickelte das städtische Jugendreferat unter Leitung von Andreas Kramer verschiedene Ideen und Projekte zur Umsetzung. Seit März 2020 ist zudem Lars Lucas bei der Stadtverwaltung tätig, welcher als Jugendreferent mit dem Arbeitsschwerpunkt Jugendbeteiligung die Verantwortung für diesen Bereich übernommen hat.
Aktuelle Projekte zur Jugendbeteiligung in Rheinfelden (Baden)
8er-Rat
Update: Aufgrund der Corona-Krise fand der 8er-Rat im Jahr 2020 in Form einer Umfrage an den Schulen statt. Zusätzlich haben sich im Anschluss 20 Schüler:innen der 8. Klassen im Jugendhaus getroffen, und in 4 Themenfelder konkrete Wünsche und Projektvorschläge formuliert. Diese wurden noch in der Juli-Sitzung dem Gemeinderat vorgestellt.Auch 2021 soll ab Mai wieder ein 8er-Rat durchgeführt werden. Derzeit (Stand Februar 2021) starten die Planungen, die je nach Corona-Lage, an die Bedingungen angepasst werden.
Der 8er-Rat wurde erstmals im Schuljahr 2018/19 in Kooperation mit allen weiterführenden Schulen der Stadt Rheinfelden (Baden) durchgeführt. Er ist ein barrierefreies, schul- und milieuübergreifendes Beteiligungsmodell für alle Schüler*innen der achten Klassen einer Kommune. In drei Großgruppentreffen arbeiten die Jugendliche Themen aus, die ihnen persönlich wichtig sind.
- Das erste Treffen dient dem Kennenlernen, der Erklärung des Prozesses und der Erarbeitung der Themen. Es werden schulübergreifende Arbeitsgruppen von Gleichgesinnten gebildet.
- Im zweiten Treffen werden Experten aus der Verwaltung, dem Gemeinderat oder von Extern eingeladen, um gemeinsam mit den Jugendlichen ihre Ideen zu erörtern.
- Im dritten Treffen wird eine Präsentation, in Form eines Gallery Walks, vorbereitet und anschließend dem Gemeinderat präsentiert.
Im Schuljahr 2018/19 haben 150 Achtklässler*innen am 8er-Rat teilgenommen. Sie haben ihre Projekte dem Gemeinderat vorgestellt und die Fraktionen haben dazu Stellung bezogen. Die Fachämter der Verwaltung wurden mit einer Prüfung der Vorschläge auf Umsetzbarkeit beauftragt. Es hat sich gezeigt, dass zwar nicht alle aber einige Projekte umgesetzt werden können und sollen.
„Wir wollen, dass alle jungen Menschen im Lauf ihres Heranwachsens eine
umfassende und intensive Erfahrung des Gehörtwerdens und der Selbstwirksamkeit machen. Jeder junge Mensch in einer Kommune soll erlebt haben, dass
unsere Demokratie offen für das Mitmachen ist und dass es sich lohnt, sich in das Gemeinwesen einzubringen. Eine positive Ersterfahrung mit der Demokratie, die zur weiteren Beteiligung motiviert“ (Flügge/Wenzl 2018: 1)
Jugendrathaus
Beim Jugendrathaus werden Schüler*innen in das Rathaus eingeladen. Das Ziel hierbei ist es, diese an kommunale Entscheidungsstrukturen und Funktionsweisen heranzuführen. Es ist jedoch weniger wichtig, dass die Schüler*innen im Anschluss an das Jugendrathaus ein Organigramm des Verwaltungsaufbaus zeichnen können. Vielmehr geht es darum, dass die Schüler*innen die Räumlichkeiten des Rathauses selbständig erkunden und dadurch Rathausatmosphäre schnuppern bzw. Barrieren abbauen. Hierdurch soll ihnen bewusst werden, dass das Rathaus auch für ihre jugendspezifischen Anliegen eine Anlaufstelle bietet. Der Ablauf des Jugendrathaus gestaltet sich hierbei wie folgt:
- Die Jugendlichen kommen in einzelnen Klassen ins Rathaus und dürfen den Sitzungsaal des Gemeinderats in Beschlag nehmen.
- Nach einer Begrüßung werden die Klassen in Kleingruppen á max. 5 Personen eingeteilt.
- Jede Kleingruppe wird mit einem iPad ausgestattet und für ca. 45 Minuten auf eine, durch eine fiktive Geschichte gestützte, Reise durch das Rathaus geschickt. Als Orientierungspunkte dienen Ihnen hierbei verschiedene QR-Codes, welche in einer Art digitaler Schnitzeljagt gesucht werden müssen.
- Inhaltlich gibt es hierbei Aufgaben zu erledigen wie beispielsweise, das Mieten einer Halle für eine Schulfeier im Amt für Gebäudemanagement oder das Anmelden eines Hundes im Bürgerbüro. Aber auch Zusatzinformationen zur eigenen Kommune werden durch versteckte QR-Codes geliefert.
- Am Ende der Rathaus-Rallye konnten die Schüler*innen dann in ihren Kleingruppen bei einem interaktiven „Kahoot-Quiz“ gegeneinander antreten.
Am Jugendrathaus im Frühjahr 2020 nahmen insgesamt 270 Schüler*innen aller weiterführenden Schulen in Rheinfelden (Baden) teil.
Rheinfelder Jugendgespräche
Das Talkshow-Studio im alten Rathaus bietet jungen Menschen eine Plattform, um ihr Engagement in der Stadt vorzustellen und um aktuelle Themen im Stadtgeschehen aus "junger Sicht" zu kommentieren.Politik & Pizza
Das Format Politik & Pizza ist ein niederschwelliger Einstieg in das Thema Politik und ermöglicht in entspannter Atmosphäre Begegnungen mit Akteuren der Kommunalpolitik. Dies gestaltet sich wie folgt:- Nach einer kurzen, gegenseitigen Vorstellungsrunde können die Jugendlichen mit Entscheidungsträger*innen über aktuelle politische Themen, wie beispielsweise bevorstehende Wahlen, diskutieren und ihre Fragen bei ein paar Stücken Pizza direkt an diese richten.
Bei Politik & Pizza anlässlich der Kommunalwahl 2019 nahmen Kandidat*innen aller Parteien an teil und stellten sich den Fragen der circa 150 jugendlichen Teilnehmer*innen.
Planspielwerkstatt
Planspiele sind eine spielerische Methode, Zusammenhänge im kommunalpolitischen Kontext erlebbar zu machen. Sie laden die Teilnehmer dazu ein, sich in eine Rolle hinein zu versetzen und vermeintlich einfache Aufgabenstellungen zu bearbeiten. Dabei werden die komplexen Zusammenhänge in der Politik sichtbar.Im Vorfeld der Kommunalwahl 2019 wurden im Jugendhaus mehrere Planspiele mit verschiedenen Schulklassen durchgeführt.„Planspiele helfen, die Komplexität von Politik– gerade auch bezüglich des politischen Prozesses– zu reduzieren und verstehbar zu machen, und zur Einsicht in die Schwierigkeiten politischer Kompromissfindung beitragen. Sie sollen das Politische mit der Lebenswelt der Lernenden verknüpfen und einer nachhaltigen, da erfahrungsbasierten Wissensvermittlung dienen.“ (Oberle/Leuning 2018: 217)
Jugendhaus-Rat
Der Jugendhaus-Rat ist ein von den Besucher*innen des Jugendhauses demokratisch gewähltes und institutionsbasiertes Gremium, dessen Aufgabe darin besteht, sich um die Belange des Jugendhauses und dessen Besucher*innen zu kümmern. Dem gewählten Gremium steht hierzu ein jährliches Budget zur Verfügung, welches bedarfsgerecht genutzt werden kann. So wurde beispielsweise neue Sofamöbel für das Jugendhaus vom Jugendhausrat, in Abstimmung mit den Besucher*innen“ ausgesucht, gekauft und aufgestellt.Der seit 2017 existierende Jugendhausrat wird jährlich neu gewählt und befindet sich aktuell im dritten Durchlauf.