Städtische Nachricht

Nachtragshaushalt


Update: Der Gemeinderat stimmte dem Nachtragshaushalt am 2. Juli in öffenticher Sitzung einstimmig zu.

„Rebus mirabile, mirabilis condicionis“, so hätte der römische Senat die Finanzlage der Stadt Rheinfelden (Baden) vor 2.000 Jahren umschrieben: „Außergewöhnliche Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen.“

Doppelbelastung

In der Tat hat niemand bei den Haushaltsberatungen für den Haushalt 2020 vorhersehen können, dass unsere städtische Finanzstruktur gleich zu Beginn des Haushaltsjahres von zwei gravierenden Ereignissen getroffen würde.
 
Bereits im Februar mussten aufgrund von Gewerbesteuerrückzahlungen Haushaltssicherungsmaßnahmen beschlossen werden. Mit dem darauffolgenden Ausbruch der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden weiteren Senkungen der Vorauszahlungen der Gewerbesteuer sowie den Rückgängen des Einkommensteueranteils, konnten die Ertragsausfälle nicht mehr vollständig kompensiert werden.

Transparenz

Nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 der Gemeindeordnung hat die Gemeinde unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen, sofern sich zeigt, dass im Ergebnishaushalt beim ordentlichen Ergebnis ein erheblicher Fehlbetrag entsteht und sich dieser nicht durch andere Maßnahmen vermeiden lässt. Die Frage zur Aufstellung eines Nachtragshaushaltes wurde im Übrigen auch schon aus dem politischen Raum im Frühjahr dieses Jahres gestellt.
 
Unabhängig von der Fragestellung, ob Bund und Land noch stärker als im bisher bekannten Maße in eine Kompensation an die Städte und Gemeinden eintreten werden, erfordert - in meinen Augen - das Gebot der Transparenz gegenüber Politik und Öffentlichkeit einen offenen Umgang mit den geänderten Voraussetzungen.

Kein Abwarten

Ein Abwarten auf neue Steuerschätzungen, neue Hilfsprogramme und deren tatsächliche Umsetzungen werden mit Sicherheit zu einem größeren Erkenntnisgewinn führen, verlangsamen aber notwendige Anpassungen, insbesondere im Ergebnishaushalt der Stadt, die aus Sicht der Verwaltung jetzt und nicht irgendwann zu einem Zeitpunkt X eingeleitet werden müssen.

Risiken

Insofern hat die Klausurtagung am 19.06.2020 diese Anpassungserfordernisse thematisiert und erste Vorschläge für ein Gegensteuern unterbreitet. Wenn wir dies nicht veranlassen, so sind in einem Worstcase-Szenario folgende Auswirkungen für uns nicht kompensierbar:

·         Die Mai-Steuerschätzung 2020 zeigt auf, dass auch die Folgejahre in der Einnahmesituation sämtlicher Städte und Gemeinden in Deutschland betroffen sein werden. Insofern ist die Frage der künftigen Finanzzuweisungen von Bund und Land, gerade in Hinblick auf die geänderte Einnahmesituation, die die Basis für die Finanzzuweisungen bildet, alles andere als gefestigt. Rückgänge bei diesen Finanzzuweisungen bleiben deswegen nicht ausgeschlossen.
 
·         Aus früheren Beispielen von zusätzlichen Finanzzuweisungen konnten wir Belege sammeln, bei denen die versprochenen kommunalen Mittel nicht eins zu eins tatsächlich in den Geldbeträgen bei den Städten und Gemeinden angekommen sind. Die Bemühungen auf Bundes- und Landesebene für entsprechende Unterstützungsprogramme für die Kommunen erhalten von uns aber große Anerkennung. Begeisterung tritt aber dann erst ein, wenn diese Geldbeträge auch tatsächlich bei uns auf dem Konto angekommen sind.
 
·         Sofern sich eine zögerliche Haltung bei Bund- und Land einstellt, die Kommunen mit weiteren finanziellen Mitteln zu unterstützen, bedeutet dies für mich eine unangenehme Folgewirkung. Noch mehr Investitionen, die wir uns in der mittelfristigen Finanzplanung vorgenommen haben, bedürfen dann einer Streichung.

Deswegen ist der Weg des Nachtragshaushaltes aus meiner Sicht gut begründet, auch wenn wir erfreulicherweise dieses Instrument in den letzten Jahren nicht nutzen mussten und deswegen auch keinen gefestigten Erfahrungsschatz mitbringen.

Nachtragshaushalt

Gestatten Sie mir nunmehr einige Aussagen zum jetzt vorgelegten Nachtragshaushaltsplanentwurf:

Auf der Ertragsseite setzt sich die Verschlechterung überwiegend aus den Positionen der Gewerbesteuer (-5,6 Mio. Euro), Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer (-2,57 Mio. Euro) und Reduzierung der Vergnügungssteuer aufgrund der vorübergehenden Schließung der Spiellokale durch die Corona-Verordnung (-0,3 Mio. Euro) zusammen. Außerdem konnte aufgrund des Jahresergebnisses 2019 des Eigenbetriebes Wasserversorgung die Konzessionsabgabe in 2020 an die Stadt nicht ausgezahlt werden (-0,27 Mio. Euro).
Durch die Erstattung der Elternbeiträge der städtischen Kindergärten, muss mit weniger Erträgen bei den Benutzungsgebühren von insgesamt 0,13 Mio. Euro gerechnet werden. Im Bereich der Forstwirtschaft muss der Ansatz der Verkaufserlöse aufgrund der stark gefallenen Holzverkaufspreise um 0,12 Mio. Euro gesenkt werden.

Durch die Hilfsmaßnahmen vom Land konnten Verbesserungen bei den Zuweisungen eingeplant werden. Nach derzeitigem Stand verspricht das Land die Kompensation der coronabedingten Gewerbesteuerausfälle (+2,1 Mio. Euro). Außerdem wurden für die Entlastung der Eltern und Familien finanzielle Soforthilfen an die Kommunen beschlossen (+0,4 Mio. Euro).

Bei der Aufwandsseite konnten trotz notwendiger Erhöhungen von Mittelansätzen, im vorliegenden Nachtragshaushaltsentwurf 0,9 Mio. € eingespart werden. Grund für Erhöhungen waren eigegangene Leistungsverpflichtungen, wie zum Beispiel die Abbrucharbeiten der Alten Schule in Adelhausen. Außerdem wurden Ansätze erhöht, für die in der ersten Jahreshälfte 2020 überplanmäßige oder außerplanmäßige Ausgaben genehmigt wurden. Beispielhaft sei hier die Sanierung der Toiletten im Georg-Büchner-Gymnasium mit einem Zusatzbetrag von 0,53 Mio. Euro angeführt.

Für die unterjährige Korrektur des Haushaltsplanes 2020 wurden im Ergebnishaushalt die Veränderungen der Erträge und Aufwendungen angepasst. Durch die Veränderung im Ergebnishaushalt in Höhe von -5,2 Mio. Euro wirkt sich das bei den Einzahlungen sowie Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit ebenfalls im Finanzhaushalt mit -5,2 Mio. Euro aus. Gab es bisher im Haushaltsplan 2020 einen Ansatz beim Zahlungsmittelüberschuss in Höhe von 3,8 Mio. Euro, so ergibt sich jetzt ein Zahlungsmittelbedarf von 1,5 Mio. Euro.

Mittelfristige Finanzplanung

Im Zuge der Planung des Nachtragshaushaltes war die Anpassung der mittelfristigen Finanzplanung unumgänglich. Die Zahlen belegen im Folgejahr 2021 eine Verschlechterung des ordentlichen Ergebnisses um einen Betrag von 8,3 Mio. Euro.

Erst mit den Folgejahren darf die Stadt aufgrund der niedrigen Steuerkraftsummen aus den Jahren 2020 und 2021 wieder mit zusätzlichen Schlüsselzuweisungen vom Land rechnen.

Bei den liquiden Mitteln bedeuten die Jahre 2020 und 2021 eine Verschlechterung um insgesamt -13,6 Mio. Euro. Weitere liquide Mittel i. H. v. 9,3 Mio. Euro werden für die Fortführung der begonnenen Investitionen aus Vorjahren benötigt.

Investitionen

Um den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbestand der Liquidität zu halten, mussten die Investitionsmaßnahmen aktualisiert werden. Dies hat insbesondere in der mittelfristigen Finanzplanung schwerwiegende Folgen.

Beispielhaft möchte ich den jetzt notwendigen Verzicht des Neubaus des Hallenbades anführen, der mit einem Betrag von 11,2 Mio. Euro angesetzt war. Bei den Investitionsmaßnahmen „Neubau Feuerwehrgerätehaus“ wie auch beim Neubau eines Kinderhauses bleiben die Ansätze in der mittelfristigen Finanzplanung erhalten. Für das Baugebiet „Grendelmatt III“ wurde eine zeitliche Streckung unter Beibehaltung der bisherigen Planansätze festgehalten. Auch kleinere Investitionsmaßnahmen, die 2020 vorgesehen waren, wurden aufgeschoben.

Bis zur Erstellung des Haushaltsplanes 2021 im Herbst, erhoffen wir uns aufschlussreiche Zahlen und Prognosen, um die weiteren Auswirkungen der Kommunen einschätzen zu können. Aus unserer Sicht wäre es hilfreich, dass der Umfang der vom Land an die Kommunen übertragenen Aufgaben in der Kinder- und Schulbetreuung nicht weiter zunimmt, da sie einen Großteil unseres Volumens im Ergebnishaushalt mittlerweile bestimmen.

Dienstleistungsspektrum

Rheinfelden (Baden) hat in den letzten Jahren in einem Zusammenspiel zwischen Verwaltung und Gemeinderat gute Jahresergebnisse erwirtschaftet – dies sogar auch bewusst eingeplant – so dass wir jetzt noch einen Handlungsspielraum aufweisen. In diesen Jahren haben auch die Dienstleistungsformate unserer Stadt im sozialen, kulturellen, sportlichen, ökologischen Bereich und im gesamten Dienstleistungsbereich als Service für unsere Bürgerinnen und Bürger erheblich zulegen können.

Wir liegen mit unseren Angeboten im Städtevergleich teilweise deutlich über dem Durchschnitt. Um auch für die Zukunft Handlungsspielräume zu ermöglichen, ist eine Ertüchtigung unseres Ergebnishaushaltes in den nächsten Jahren ohne erkennbare Alternative. Daran müssen wir jetzt beginnen zu arbeiten, auch wenn das in der Konsequenz bedeutet, einige Zeit den Gürtel enger zu schnallen. Allein die Zukunft unserer Stadt sollte uns dieses Bemühen aber wert sein.