Städtische Nachricht

Task Force für wohnortnahe Gesundheitsversorgung


Unterschiedliche Perspektiven


Für die verschiedenen Blickwinkel sorgten kurze und engagierte Vorträge von Vertretern der Gesundheitskonferenz des Landkreises Lörrach (Ellen Hipp), der lokalen Ärzteschaft aus Rheinfelden (Dr. Matthias Forstmann), der Kassenärztlichen Vereinigung (Dr. Johannes Fechner) sowie des Gesundheitszentrums Todtnau (Dr. Thomas Honeck). Am Ende der gut dreistündigen Informations- und Diskussionsrunde war klar: es gibt kein  Patentrezept für den allgemeinen Ärztemangel, aber mit vereinten Kräften lassen sich Strategien auch auf kommunaler Ebene entwickeln und umsetzen.

Bundesweiter Ärztemangel


In der Analyse der Situation waren sich alle Experten einig. Als Gründe für den deutschlandweiten Ärztemangel wurden unter anderem die zu geringe Zahl an Medizinstudienplätzen, den aufgrund der älter werdenden Gesellschaft gestiegenen Behandlungsbedarf sowie vor allem die zunehmende Teilzeittätigkeit junger Ärzte – sei es auf Grund der Familienplanung oder des Wunsches nach mehr Freizeit – angeführt. „Die junge Generation der Ärzte ist nicht mehr bereit, 60 bis 80 Stunden in einer Praxis zu arbeiten und scheut auch das „betriebswirtschaftliche Management“ einer Praxis“, hieß es unisono.

Ruhestandswelle


Vor dem Hintergrund des Durchschnittalters der niedergelassenen Ärzte – allein in Rheinfelden sind rund 60 Prozent der Hausärzte über 60 Jahre alt – ist dieser Mangel an Ärzten besonders alarmierend. „In fünf bis sechs Jahren haben wir ein echtes Versorgungsproblem“, erklärte der Vertreter der Rheinfelder Ärzteschaft, Dr. Matthias Forstmann. Er forderte ein aktives Gegensteuern auf allen Ebenen.

Erfolgsmodell: Gemeinschaftspraxis


Mit großem Interesse verfolgten die Zuhörer die Ausführungen von Dr. Thomas Honeck, Geschäftsführer des Gesundheitszentrums Todtnau-Schönau. Dieser Weg einer - vereinfacht gesagt - „großen Gemeinschaftspraxis“ ist nach Meinung vieler Experten ein möglicher Lösungsansatz, um Nachwuchs zu finden. Denn solche Kooperationen ermöglichen den fachlichen Austausch, erleichtern die Organisation verschiedener Arbeitszeitmodelle und ermöglichen auch Angestelltenverhältnisse. „Wir in Todtnau gehen noch einen Schritt weiter und stellen beispielsweise Ärzten in der Ausbildung eine Wohnung zur Verfügung und investieren als Teilhaber einen Teil unseres Honorars in „teure medizinische Hobbys in Form bestimmter Geräte“, die die hausärztliche Tätigkeit für die junge Generation interessant machen“, so der Geschäftsführer.

KV keine Backstube für Ärzte


Immer wieder zur Sprache kam an diesem Abend die Rolle der Kassenärztlichen Vereinigung und der Kommunen. Beide können keine Ärzte backen, wie Dr. Johannes Fechner von der KV mehrfach betonte. „Und wenn wir beispielsweise einen Facharzt finden, dann können wir ihn nicht zwingen, sich in Rheinfelden niederzulassen“, so Fechner. Hier läge es an den jeweiligen Kommunen, sich „gut zu verkaufen“.

„Wir tun schon einiges - Stichwort Wohnraum, Kinderbetreuung - , aber wir können noch besser werden“, fasste Oberbürgermeister Klaus Eberhardt die Situation aus seiner Sicht  zusammen. Die anwesenden Mediziner forderten von der Stadt ein aktiveres Zugehen auf die Ärzte.

Nachwuchswerbung


Auch der Landkreis Lörrach ist sich der Herausforderung bewusst und hat bereits mit verschiedenen Maßnahmen darauf reagiert, wie Ellen Hipp von der Gesundheitskonferenz des Landkreises berichtete. Unter anderem wurden eine Kontaktstelle „Allgemeinmedizin“ eingerichtet und verschiedene „Werbe-Initiativen“ gestartet. „Auch in diesem Jahr planen wir ein Wochenendseminar für Medizinstudenten und junge Mediziner im Landkreis, um ihnen den Standort „schmackhaft“ zu machen“, so Hipp.

Faire Diskussion


In der anschließenden Diskussionsrunde, die trotz emotionaler Beiträge sehr sachorientiert verlief, kam auch die Zukunft nach dem Kreiskrankenhaus Rheinfelden zur Sprache. „Bislang war es noch zu früh in konkrete Planungen einzusteigen, da sich gerade im Gesundheitswesen die Rahmenbedingungen schnell ändern können“, erklärte Oberbürgermeister Eberhardt. Im Zuge der gesamthaften Diskussion um eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung würden aber selbstverständlich mögliche Szenarien untersucht.

Er nähme das Thema ernst und hoffe, gemeinsam mit allen Beteiligten gute Strategien und Lösungen in naher Zukunft auf den Weg bringen zu können. Auch Moderator Dr. Axel Schuhen, Geschäftsführer einer Unternehmens- und Organisationsberatung im Gesundheits- und Sozialbereich, plädierte in seinen abschließenden Worten für die Bildung einer „Task Force“: „Mit vereinten Kräften können Sie Ihren lokalen Spielraum nutzen.“