Städtische Nachricht

Das Scheitern im Blick


Wer traut sich?


Bereits beim „Begrüßungscocktail“ wurde gerätselt, wie sich die Referenten wohl dem Thema „Gescheit scheitern – Misserfolg als Chance“ annähern würden. Dass dies sehr erfolgreich gelang, zeigten die angeregten Gespräche im Anschluss an die Vorträge.

Scheitern kein Tabou


„Ich bin nicht gescheitert, ich habe 10.000 Wege entdeckt, die nicht funktioniert haben“ – mit diesem Zitat des amerikanischen Erfinders und Unternehmers Thomas Alva Edison führte Oberbürgermeister Klaus Eberhardt in die Thematik des Abends ein. Es ginge nicht darum, ein Handbuch für den Erfolg von Neugründungen zu entwickeln, so das Stadtoberhaupt, sondern um eine Enttabouisierung des Scheiterns sowie eine ehrliche Fehlerkultur.

Ein Leistungssportler berichtet


Diesen Faden nahm der erste Redner – Markus Czerner - bereitwillig auf. Der ehemalige Tennisprofi, der durch eine Schulterverletzung plötzlich vor dem Aus seiner sportlichen Karriere und seiner Träume stand, beleuchtete auf Grundlage seines persönlichen Werdegangs das Thema des Scheiterns. Für ihn ist der Fokus entscheidend. „Gewinner nutzen Niederlagen um besser zu werden, Verlierer suchen die Fehler bei anderen“, so Czerner. Und dann ist Scheitern nicht länger das Gegenteil von Erfolg, sondern einfach nur eine Verzögerung, ein Umweg.

Eigendynamik von Projekten


Nach dieser sehr kurzweiligen Einstimmung, nahm Dr. Olaf Breuer, seit 2018 Standortleiter von Evonik, die Zuhörer mit in die Projektwelt von Großkonzernen. „Auch wir scheitern manchmal“, so Breuer. Er näherte sich dem Thema aus Sicht des Projektmanagers und zeigte typische Phasen und auch Fehler im Verlauf eines Projektes auf. „Erst wenn man die Möglichkeit des Scheiterns von Beginn an „mitdenkt“, kann man sich auch erfolgreich mit diesen Situationen auseinandersetzen“, so Breuer. In seinen Augen eröffnet diese Sichtweise neue Freiheiten im Kopf.

Der Weg in die Insolvenz


Sehr persönlich wurde es im dritten Vortrag. Hier berichtete Bert Overlack, früher Geschäftsführer eines Furnierbetriebes mit 350 Mitarbeitern, von seinem Weg in die Insolvenz (2011) und von dem langen Weg zurück „ins berufliche Leben“.  Er schilderte sehr plastisch den Verlauf des geschäftlichen Niedergangs, von den getroffenen Fehlentscheidungen und von der Versuchung, die Fehler bei anderen zu suchen. Er habe sehr lange gebraucht, um sich seine Fehler einzugestehen und um sich von dem Gefühl des Gescheiterten zu befreien, gestand Overlack. „Scheitern tut weh“, so Overlack. Heute sieht der Berater und Autor in seinem Scheitern, die Chance für einen neuen Weg.

Angeregte Gespräche


Sehr angeregt nahmen die Zuhörer die verschiedenen Aspekte der Referenten auf und standen noch lange in intensiven Gesprächen zusammen. Für Wirtschaftsförderer Elmar Wendland eine Bestätigung dafür, dass er mit der Auswahl des Themas „einen Nerv getroffen hat“. Dabei sei er selbst bei der Suche nach Referenten zu diesem Thema schon fast gescheitert, wie der Wirtschaftsförderer augenzwinkernd zugab.