Städtische Nachricht

Ein Stück gelebte Demokratie


Gruppenfoto mit Oberbürgermeister Klaus Eberhardt

Auf neun Modulen zeigt sie eindrücklich die Geschichte der Mitbestimmung, von den Anfängen im deutschen Kaiserreich über das vorläufige Ende unter dem Nationalsozialismus und die Veränderungen der Betriebsratsarbeit in der Zeit des Wirtschaftswunders bis hin zur Gegenwart und dem veränderten Aufgabenspektrum.

Herausforderungen der Zeit die Stirn geboten

Auch ein kurzer Ausblick in die Zukunft ist Teil der Ausstellung, die Oberbürgermeister Klaus Eberhardt in seinem Grußwort als eine „historisch und klug zusammengestellte, profunde Ausstellung“ lobte. Dabei führte er weiter aus: „Die Entwicklung unserer Stadt ist unverwechselbar verbunden mit den Vorgängerbetrieben der Evonik – in den Entwicklungsstufen Elektro-Chemische Werke Natrium Rheinfelden GmbH, Chemische Fabrik Elektron, IG Farbenindustrie, Dynamit Aktiengesellschaft (vormals Alfred Nobel & Co.), Hüls AG, Sivento, Degussa-Hüls-Werk Rheinfelden, Degussa AG und letztlich Evonik Industries AG.“  Stand doch mit Bau des Flusskraftwerkes plötzlich am Hochrhein eine unvorstellbar große Menge an Strom zur Verfügung, die zur Ansiedlung der Aluminium und den Elektro-Chemischen Werken geführt habe.

Und auch in den folgenden Jahrzehnten habe es immer wieder gewichtige Einflüsse gegeben und es sei den Betrieben und ihrer Mitarbeiterschaft gelungen, den Herausforderungen der Zeit „die Stirn zu bieten“. Als besonders bemerkenswert bezeichnete das Stadtoberhaupt zudem die frühe Beteiligung in den Vorgängergesellschaften der Evonik, die bereits vor Inkrafttreten des Betriebsrätegesetzes Formen der Mitarbeiterbeteiligung etwa durch die Einführung einer Krankenversicherung, einer Pensionskasse oder der Bildung von Arbeiterausschüssen etabliert hatten.

Vorbildliche Nachwuchsförderung

„Evonik ist hier am Standort groß geworden und hat die Stadt- und Landkreisgeschichte geprägt“, beglückwünschte weiterhin Landrätin Marion Dammann den Betrieb zu seiner langen Firmenhistorie. Sie betonte die große Bedeutung des Rheinfelder Standorts für die Menschen am Hochrhein und freute sich über die rege und vorbildliche Nachwuchsförderung des Betriebes. Ebenso sei Nachhaltigkeit bei Evonik ein großes Thema, führte die Landrätin – unter anderem mit Blick auf das Rheinfelder Abwärme-Projekt in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken und Energiedienst – weiter aus und betonte in Bezug auf die Herausforderungen des Klimawandels „Unternehmen und öffentliche Hand müssen zusammen arbeiten“.

Belegschaft im Mittelpunkt

Evonik-Standortleiter Hermann Becker freute sich über die lange Tradition des Unternehmens am Hochrhein und lud mit einem Augenzwinkern heute schon zum 250-jährigen Jubiläum ein. Weiter führte er aus: „Vor 125 Jahren gab es Visionäre, die Dinge getan haben, die man heute wie damals als waghalsig betrachtet hätte.“ Und bereits damals sei die Produktion nachhaltig gewesen. Mit Blick auf das Thema Mitbestimmung erklärte er zudem: „Bei aller Ideenvielfalt stand die Belegschaft im Mittelpunkt und wird auch in Zukunft im Mittelpunkt stehen. Alles, was geschaffen wurde, trägt nur, weil es ein Miteinander gab zwischen der Firmenleitung und der Belegschaft.“ Der Dialog sei dabei nicht immer einfach gewesen, aber offensichtlich tragfähig.

Glücksfall im Konzernarchiv

Dr. Andrea Hohmeyer, Leiterin des Evonik-Konzernarchivs, führte die Besucher anschließend in die Entstehungsgeschichte der Ausstellung, die das Buch „Menschen machen Mitbestimmung“ ergänzt, ein. Dabei schilderte sie den Glücksfall, einerseits Akten der Betriebsräte zur Verfügung gehabt zu haben und andererseits über zahlreiche Unterlagen aus der Firmenhistorie von Evonik und den Vorgängergesellschaften zurück greifen zu können: „Da diese Firmen lange eigenständig agierten, hatte sich auch die Mitbestimmung unterschiedlich entwickelt.“ Ebenso seien für die Gegenwart zahlreiche Interviews geführt worden und pünktlich zum 4. Februar 2020 (dem Tag, an dem das erste deutsche Betriebsrätegesetz 100 Jahre alt wurde) konnte das 230 Seiten umfassende Buch „Menschen machen Mitbestimmung“, das auf Initiative von Thomas Wessel, Personalvorstand und Arbeitsdirektor bei Evonik, entstanden war, in einem Festakt vorgestellt werden.  Ausstellung und Buch vermitteln – wie Dr. Andrea Hohmeyer erläuterte – den hohen Wert der Mitbestimmung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Denn diese sei „ein Stück gelebte Demokratie. Und sie lebt vom Mitmachen, vom Engagement jedes und jeder Einzelnen.“ Und dieses Engagement sei auch erforderlich, da sich die Aufgaben der Betriebsräte weiterhin wandeln.

Musikalisch umrahmt wurde die Ausstellungseröffnung durch das Duo Sereno, das auf Gitarre und Flöte eine Auswahl klassischer Werke spielte.